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Von Valentin Salzgeber

Als veganer Medizinstudent gehören Diskussionen mit Bekannten und Unbekannten bei mir zur Tagesordnung. Ob es denn überhaupt möglich sei, ohne Fleisch und Milch zu überleben.

Und als medizinstudierender Veganer habe ich häufig eine andere Sicht auf gesundheitliche Themen als mein Gegenüber am veganen Stammtisch. Nicht selten geht es dabei um die Sinnhaftigkeit von Supplementen.

Im Grossen und Ganzen verlaufen diese Diskussionen sehr unterschiedlich. Eine Gemeinsamkeit teilen sie sich jedoch: “Das ist doch nicht natürlich!”

Wäre es nicht viel natürlicher, auf Feuerstellen zu kochen?

Von Nicht-Veganen hört man oft, dass unsere Vorfahren schon Fleisch gegessen haben. Es sei deshalb natürlich. „Natürlich“ wird dabei mit gut oder notwendig gleichgesetzt. Kein Fleisch zu essen, ist nach dieser Logik unnatürlich und damit schlecht. Das Konzept hinter der Idee ist in der Regel der Mensch als biologische Maschine: Im Laufe der Evolution hat sich unser Körper seiner Umgebung angepasst. Die Idee: Weil es uns gelang, die natürliche Auslese weitgehend auszuschalten, sind unsere Gene irgendwann „stehengeblieben“. Nach dieser Theorie sind unsere Körper also noch auf dem Stand von vor mehreren tausend Jahren. Wobei das in der Regel nur für den Verdauungstrakt als wichtig erachtet wird. Dass vor 10‘000 Jahren kein Mensch ein Fahrrad benutzt hat, wird in der Regel nicht als Argument gegen Fahrräder akzeptiert. Obwohl das Bewegungsprofil beim Fahrradfahren äusserst „unnatürlich“ ist.

Schwierig ist es auch, den Zeitpunkt zu bestimmen, an welchem die Ernährung noch “natürlich” gewesen sein soll. In der Regel wird sich auf die Steinzeit bezogen, also auf die Zeit der Jäger- und SammlerInnen. Dass damals noch praktisch keine Milch konsumiert wurde, diese also “unnatürlich” ist, wird dabei grosszügig ignoriert.

Die Milch ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass unser Körper nicht vor ein paar tausend Jahren stehen geblieben ist. Damals lag vermutlich bei der gesamten erwachsenen Bevölkerung eine Laktoseunverträglichkeit vor, heutzutage bewegen sich in Europa die Zahlen noch zw. 0 und 20 %.

Wie entscheiden wir also, welcher unserer Vorfahren noch „natürlich“ lebte? Oder auf die Zukunft bezogen: Wie lange muss eine Gesellschaft sich vegan ernähren, bis es “natürlich” ist? Es ist offensichtlich, dass es darauf keine (kluge) Antwort gibt. Jede Generation lebt in ihrer eigenen Zeit und unter anderen Umständen. Wir sollten das tun, was wir für richtig halten, nicht was unsere Vorfahren für richtig hielten, und uns weniger Gedanken darüber machen, was wir vor mehreren tausend Jahren gemacht hätten. Was ist heute sinnvoll und gesund? Fleisch, das ist mittlerweile bekannt, sicher nicht.

Wo genau ging die Natürlichkeit verloren?

Vegane verwenden den Begriff häufig mit einer anderen Bedeutung. Ich höre es häufig, wenn es um die Vitamin B12-Zufuhr geht, da das Vitamin in pflanzlichen Nahrungsmitteln nicht enthalten ist. Persönlich empfehle ich die Verwendung von hochdosierten Supplementen, sie sind meiner Meinung nach die sicherste, unkomplizierteste und kostengünstigste Methode. (Hier Infos zum Vitamin B12) Natürlich kann man auch die angereicherte Zahnpasta verwenden oder angereicherte Produkte zu sich nehmen. Hergestellt und zugeführt wird das Vitamin bei allen Produkten auf die selbe Art und Weise. Diese Varianten haben aber noch etwas gemeinsam: sie sind in den Augen vieler „nicht natürlich“. Das Verständnis des Begriffs Natürlichkeit ist jedoch ein anderes als bei Nicht-Veganen. Unnatürlichkeit entsteht, wenn der Mensch sich willentlich in die Entstehung eingebracht hat.

Das Vitamin B12, das sich in den Mägen von Kühen findet, ist dasselbe Molekül wie jenes in Sprays oder Corn Flakes. Für die Bakterien, die das Vitamin produzieren, spielt es keine Rolle, ob sie sich im Verdauungstrakt einer Kuh oder einem sterilen Container befinden. Das Ergebnis ist dasselbe. Der Unterschied ist nur, dass bei einer Variante der Mensch den Prozess seinen Bedürfnissen angepasst hat.

Spirulina in Verkaufsform…

Beim Thema Vitamin B12 gibt es eine interessante Ausnahme: Spirulina. Das Bakterium Spirulina, das früher fälschlicherweise als Alge eingestuft wurde, produziert eine Form von Vitamin B12, die vermutlich von uns Menschen nicht genutzt werden kann. Es gilt deshalb nicht als sichere Quelle zur Bedarfsdeckung.

Aber: Viele Vegane sehen darin eine „natürliche Alternative“. Weshalb? Spielt es eine Rolle, ob Bakterien in einem Becken kultiviert und in Pulverform verkauft werden, oder ob Bakterien in einem Becken kultiviert und das gewünschte Endprodukt herausgefiltert wird?

... und unter dem Mikroskop
… und unter dem Mikroskop

Auch in diesem Fall wird der Anspruch an Natürlichkeit nur an ausgewählte Lebensbereiche gestellt. Unser Gemüse gilt nicht als unnatürlich, es sei denn es ist genmanipuliert. Dabei hat unser Gemüse praktisch nichts mehr zu tun mit den Wildformen von Tomaten und Kartoffeln. Über Generationen hinweg wurden durch gezielte Auslese die Eigenschaften bevorzugt, die uns gelegen kommen. Die Natur hat nichts von süssen Karotten oder Kartoffeln mit tiefem Solaningehalt. Wir schon. Dabei ist Zucht nichts anderes als Genmanipulation durch den Menschen. Auch hier stellt sich also die Frage nach dem Zeitpunkt: Wie können wir definieren, ab welcher Züchtungsstufe unsere Nahrungsmittel nicht mehr natürlich waren?

Dabei ist es nicht so, dass ich das Bedürfnis nach frischem Gemüse aus einem lokalen Garten nicht nachvollziehen könnte. Selbstverständlich schätze ich selbstgekochtes Essen mehr als Fertiggerichte. Auch mich reizt  die Vorstellung, nicht auf Supplemente angewiesen zu sein. Aber seine eigene Gesundheit zu riskieren oder Umwelt und Tiere zu opfern für eine Definition von Natürlichkeit, die eigentlich keinen Sinn ergibt?

Vielleicht hätten wir mehr Energie und Zeit für wichtigere Dinge, wenn wir akzeptieren würden, dass Natürlichkeit nichts ist, das wir jemals hätten verlieren können.

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Kommentare

4 Antworten

  1. Das erlebe ich auch oft. Zusätzlich muss ich mich rechtfertigen, warum ich keinen Alkohol auf einer Party trinke, sondern Wasser… dabei ist doch Alkohol nicht das Normale.
    Die älteren Menschen, die die Nachkriegszeit erlebt haben, meinen, dass Fleisch sein MUSS. Sie haben das Gefühl, dass Fleisch und Fett zu einer gesunden Ernährung gehört.
    Ich weise da nur auf Omega-6-Fettsäuren und die Arachidonsäuren hin.
    Die Menschen, die meinen, dass man als Veganer zu wenig Vitamine bekommt, essen selbst fast kein Obst und Gemüse. Irre.
    Ich habe das SAPHO-Syndrom und leider macht Arachidonsäure, die in tierischen Lebensmitteln vorkommt, Entzündungen.
    Da ich aufgrund der Nebenwirkungen keine Basismedikamente erhalte, bin ich auf eine vegane Ernährung umgestiegen. Ich war nach 2 Monaten schmerzfrei. Mich macht die „normale“ Ernährung krank. Sicher aucheinige andere Menschen. Die wissen es nur nicht. Sie sind übersäuert und nehmen Medikamente gegen ihre Beschwerden. Das ist bequemer, als den Lebensstil auf „unnormal“ umzustellen.

  2. Abnehmende Laktoseunverträglichkeit hat vor ca.7000 Jahren den Menschen geholfen zu überleben,Milch als Lebensmittel und nicht nur für Säuglinge…
    Was ist daran unnatürlich?

    1. Die Laktoseunverträglichkeit hat nicht direkt abgenommen. Bei Hungersnöten haben jedoch nur diese überlebt, welche Milch trinken konnten. Die laktoseintolerante Mehrheit „starb aus“.

  3. Interessante Ausführung! Ich habe mich tatsächlich auch schon gefragt, was ist denn natürlich? Wozu müssen wir noch wie die Steinzeitmenschen leben, wenn der menschliche Körper die fantastische Eigenschaft hat sich Gegebenheiten anzupassen? Könnte er das nicht, wäre der Mensch schon lange ausgestorben. Somit plädiere ich dafür das Natürlichkeit das ist, was dem einzelnen eben als natürlich, das heisst ihm/ihr selbst entsprechend, natürlich erscheint.

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